Die Vorbereitungs der eucharistischen Opfergaben - Proskomidie

 

Die Proskomidie ist eine typologische Ausdeutung der eucharistischen Gabenbereitung in Bezug auf die christologische Prophetie des Alten Testamentes. Sie will so in einer zeichenhafte Vorankündigung das kommenden eucharistischen Geschehen vorherverkündigen. So wird in der Proskomidie mit Gesten, Handlungen und Zitaten (die fast ausschließlich dem Alten Testament entnommen sind), die Heilsgeschichte im Verborgenen vorgezeichnet in der festen Zuversicht, dass sie sich in der anschließenden Göttlichen Liturgie durch das Wirken des Heiligen Geistes vergegenwärtigen und offenbaren wird.

 

Zur Feier der Göttlichen Liturgie gehört auch ein ausführlicher liturgischer Ritus der Zurüstung der eucharistischen Opfergaben. Die Proskomidie ist in ihrer heutigen Form zwischen dem siebten und vierzehnten Jahrhundert entstanden. Aber ihre Ursprünge reichen bis in die apostolische Zeit zurück.

 

Schon die alte alexandrinische Liturgie des Evangelisten und Apostels Markus, der als Schüler des heiligen Apostels Petrus auch dessen liturgische Überlieferung treu bewahrt hat, beginnt bereits mit einigen Vorbereitungsgebeten aus denen sich im Laufe der Zeit unsere heutige Proskomidie entfaltet hat.

 

Dieser erste Teil der Liturgiefeier, bei der die eucharistischen Gaben für das Mysterium vorbereitet werden, heißt deshalb „Proskomidie“ (griechisch: „Herbeibringung“), weil in frühchristlicher Zeit die Gläubigen zunächst Brot und Wein für die Feier der hl. Eucharistie herbeigebracht haben.

 

Wir können die heutige Form der Proskomidie in die Vorbereitungsgebete des Priesters und das Anlegen der liturgischen Gewänder und in die eigentliche Zurüstung der eucharistischen Opfergaben und in den Übergang zur eigentlichen Liturgiefeier einteilen.

 

Die Zurüstung der eucharistischen Opfergaben gliedert sich wiederum in drei Teile:

 

1. Die Schlachtung des Lammes: Nach der Händewaschung begibt sich der Priester zum Rüsttisch (slawisch: Schervenik) und grüßt dort mit einem Kuss den Kelch und den Diskos, die Lanze, den Löffel. Dann nimmt er das Opferbrot in die linke und die heilige Lanze in die rechte Hand.

 

Das Opferbrot (griechisch: Prosphore) ist ein gesäuertes Weizenbrot (Sauerteig ist gemäß Matthäus 13:33 und Lukas 13:21 ein Symbol für das Königtum Gottes). Das eucharistische Brot muss gesäuert sein und aus Weizen bestehen, da der Herr Jesus Christus selbst Sich mit einem Weizenkorn verglichen hat (vgl.: Joh. 12:20-33). In ihrer äußeren Gestalt besteht eine Prosphore aus zwei miteinander verbundenen Teilen als Zeichen für die zwei Naturen in Jesus Christus – die wahre göttliche und die wahre menschliche Natur.

 

Das Zeichen des Kreuzes auf ihrem Siegelabdruck verdeutlicht, dass dieses Brot für den gottesdienstlichen Gebrauch bestimmt ist.

 

Dieser viereckige Siegelabdruck befindet sich auf der Oberseite der Prosphore. Das gesamte Siegel ist durch das Zeichen des heiligen Kreuzes in vier gleiche Teile zerlegt. Auf der oberen linken Seite steht das Zeichen IC (= Jesus), auf der oberen rechten Seite XC (= Christus), auf der unteren linken Seite NI und auf der unteren rechten Seite KA (griechisch: = siegt) Dieses Viereck wird im Rahmen der Proskomidie unter größtenteils den biblischen Schriften entnommen  Gebeten aus der Prosphore herausgeschnitten und heißt das heilige Lamm.

 

Dieses Herausschneiden des heiligen Lamms geschieht mittels eines lanzenförmigen Messers, der heiligen Lanze. Schließlich wird das Lamm aus dem ganzen Opferbrot herausgenommen und dann auf der Rückseite gerade dem Kreuze gegenüber so tief eingeschnitten, dass seine vier Teile nur mehr leicht miteinander verbunden sind und das Siegel unverletzt bleibt.

 

Nur dieses heilige Lamm wird in der Liturgiefeier konsekriert. Vor der heiligen Kommunion wird der Teil IC in den Kelch gelegt, der Teil XC vom Priester und Diakon zur Kommunion verwendet und aus den  Teilen NI und KA werden die Partikel für die Kommunion der Gläubigen (Laien) genommen.

 

Vor der Kommunion der Gläubigen wird dann der eucharistische Leib Christi mit dem eucharistischen Blut Christi im Kelch vereinigt. Die Gläubigen Kommunizieren deshalb am Heiligen Leib und kostbaren Leib Christi mit Hilfe eines Kommunionlöffels. So werden ihnen Leib und Blut Christi gemeinsam gereicht.

 

Der Rest des nicht konsekrierten Opferbrotes wird als „Antidoron“ auf dem Rüsttisch aufbewahrt. Es wird nach dem Schlusssegen der Liturgiefeier bei der Verehrung des heiligen Kreuzes als Heiligtum an die Gläubigen ausgeteilt und symbolisiert das altchristliche Agape-Mahl, das ursprünglich mit der Liturgiefeier verbunden war.

 

Im Gegensatz zur heiligen Kommunion, die nur orthodoxe Christen, die sich mit Fasten und Gebet auf den Empfang der heiligen Gaben vorbereitet haben, empfangen werden kann, wird das Antidoron in fast allen orthodoxen Kirchengemeinden, auch an nicht orthodoxe christliche Gottesdienstbesucher ausgeteilt. Es sollte direkt nach dem Empfang und nüchtern verzehrt werden. Wenn wir es nach Hause mitnehmen möchten, müssen wir sicherstellen, dass keine Krumen verloren gehen können und dass es würdig und gut einpacken ist. Viele orthodoxe Christen verwenden dafür ein spezielles Tuch oder kleines Stoffsäckchen. Auch zuhause wird es als erste Nahrung nach den Morgengebeten auf nüchternen Magen am Morgen genossen.

 

Nach der Schlachtung des Lammes gießt der Diakon etwas Wasser und Wein in den heiligen Kelch.

 

Danach werden die Gedenkteilchen für die Allheilige Gottesgebärerin, die übrigen Heiligen, den Patriarchen und den Bischof, die Lebendenden und zum Herrn entschlafenen Verstorbenen rund um das Lamm auf den Diskos gelegt. Die Symbolisiert die Eucharistische Synaxis, die Versammlung der gesamten irdischen und himmlischen Kirche um ihr Haupt Christus, der in der Liturgie der Darbringende und der Dargebrachte ist und den der Bischof oder Priester nur gleich einer lebenden Ikone abbildet.

 

Dafür werden in der russischen Tradition vier weitere Prosphoren außer dem Opferbrot, aus welchem das Lamm herausgeschnitten wurde verwendet. In den orthodoxen Kirchen, die der griechischen Tradition folgen, wird jedoch nur eine brotgroße Prosphore verwendet.

 

Die zweite Prosphore heißt deshalb „Prosphore der allheiligen Gottesgebärerin“. Aus ihr wird ein dreieckiges Teilchen zu Ehren der Gottesmutter herausgenommen und zur Linken des Lammes auf den Diskus gelegt.

 

Die dritte heißt „Prosphore der neun Chöre der Heiligen“, denn aus ihr entnimmt der Priester Gedenkpartikel für den heiligen Johannes den Täufer, für die heiligen Propheten des alttestamentlichen Bundes, für die heiligen Apostel, für die heiligen Hierarchen und Lehrer des Erdkreises, für die heiligen Märtyrer, für die heiligen Mönche und Nonnen, für die heiligen uneigennützigen Wundertäter (hl. Ärzte), für die heiligen Gottesahnen Joachim und Anna, die Eltern der allheiligen Gottesgebärerin, sowie für den Heiligen, dem die Kirche geweiht ist, und die Tagesheiligen und am Ende für den heiligen Hierarchen, Johannes Chrysostomos oder Basilius den Großen, je nachdem wessen Liturgie an diesem Tag gefeiert wird. Diese Gedenkteilchen werden in drei Reihen rechts vom Lamm auf den Diskus gelegt.

 

Aus der vierten und fünften Prosphore werden Partikel für die Lebenden und die Verstorbenen entnommen. Zunächst wird des Patriarchen und des Bischof der Diözese gedacht, zu der die jeweilige Gemeinde gehört. Dann werden von der dritten Prosphore beliebig viele Gedenkteilchen für die Lebendigen und von der vierten Prosphore beliebig viele Gedenkteilchen für die Verstorbenen herausgeschnitten und in zwei Reihen unter das Lamm gelegt.

 

In der russischen Tradition ist es üblich, dass die Gläubigen eigene Prosphoren mit Gedenklisten der Lebenden und zum Herrn Entschlafenen in den Altar bringen lassen. Bis zum großen Einzug werden ihnen dann Gedenkteilchen für die auf den Listen aufgeführten Namen entnommen und mit auf den Diskos zu Füßen des Lammes gelegt. In den meisten Kirchengemeinden kann man nur die Namen orthodoxer Christen zum Gedächtnis der Lebenden und Entschlafenen auf die Gedenkzettel schreiben.

 

Verhüllung und Darbringung der eucharistischen Opfergaben: Sind die Gedenkteilchen alle auf dem Diskus angeordnet, so werden die eucharistischen Opfergaben nun verhüllt. Dafür wird Weihrauch herbeigetragen.

 

Der Weihrauch symbolisiert die zum himmlischen Altar hinaufsteigenden Gebete der Gläubigen und die von dort herniederkommende Göttliche Gnade. Das orthodoxe Weihrauchfass hat drei Ketten mit 12 Glöckchen (in der griechischen Tradition). Die drei Ketten symbolisieren die Allheilige Dreieinheit, die 12 Glöckchen die Predigt der zwölf Apostel, das Gefäß  steht symbolisch für den jungfräulichen Leib der allheiligen Gottesgebärerin, die Christus gleich der glühenden Kohle im Weihrauchgefäß in sich trug und der Gott dem Vater das wohlgefällige Opfer darbrachte.

 

Zuerst wird der Kreuz-Stern-Bogen (Asteriskos) über den aufsteigenden Weihrauchduft gehalten und dann auf den Diskos über das Lamm und die Gedenkteilchen gesetzt.

 

Danach werden die kleinen Velen (Aer), kleine liturgische Deckchen über den Weihrauch gehalten und damit Kelch und Diskos bedeckt. Am Ende wird ein großes Tuch, das große Velum oder großer Aer (russisch: Wosduch), nachdem es zuvor um das Weihrauchfass gelegt wurde über die verhüllten Gaben in Kelch und Diskos gelegt. Danach beweihräuchert der Priester die eucharistischen Opfergaben und betet das das abschließende Gebete Volk.

 

Im Anschluss wird der Vorhang geöffnet und der Priester oder der Diakon beweihräuchert den Altarraum, die heiligen Ikonen und das im Kirchenschiff versammelte Gottesvolk. Nachdem der Priester oder Diakon in den Altarraum zurückgekehrt ist, öffnet der Priester die Türen des Ikonostas und beginnt mit dem Eingangssegen die der erst hörbare Teil der Feier der Göttlichen Liturgie („Liturgie der Katechumenen“).

 

Priester Thomas Zmija

 

Das Gebetsgedenken in der orthodoxen Kirche

 

Während der Gabenbereitung (Proskomidie) wird sowohl für die Lebenden, als auch für die im Herrn Entschlafenen orthodoxen Christen gedacht.

 

 

Als orthodoxe Christen beten wir täglich bei den Morgengebeten für das Seelenheil unserer verstorbenen Angehörigen, Verwandten und Freunde, aber auch für die Gesundheit und das Wohlergehen unserer noch lebenden Angehörigen, Verwandten und Freunde; sowie aller Menschen, die unserem Herzen nahe stehen oder uns um unseren Beistand im Gebet gebeten haben.

 

 

Das Gebetsgedenken in der Proskomidie ist das intensivste Gebet, das wir für unsere Mitmenschen verrichten können, denn es ist unmittelbar mit der Feier der Göttlichen Liturgie und damit mit dem eucharistischen Opfer verbunden.

 

 

Unsere Fürbitte und Gebet vollzieht sich hierbei im Rahmen des kirchlichen Gottesdienstes. Wir bitten die ganze heilige Kirche, mit uns für ganz konkret genannte Menschen zu beten. Die geschieht durch unsere Gedenkzettel, die wir schreiben und mit einer Prophore in den Altar bringen lassen.

 

 

Wenn jemand krank ist, so schreiben wir: „der kranken Dienerin Gottes Tamara” oder „des kranken Diener Gottes Anatolij“. Wenn es ein Säugling ist, so sollten wir schreiben „des Säuglings Johannes” oder wenn es ein Kind ist „des Kindes Anastasia”.  Wenn es ein Jugendlicher ist: „des Jünglings Pawel“  oder „der Jungfrau Pelagija“. Wenn eine Frau ein Kind erwartet, so können wir schreiben: „der Dienerin Gottes Anastasija, die ein Kind erwartet“.

 

 

Immer schreiben wir die Namen in der kirchlichen Vollform: „des Dieners Gottes Alexander“ und nicht „des Dieners Gottes Sascha“ und „des Dieners Gottes Joann" und nicht „des Dieners Gottes Iwan".

 

Wenn Sie in der Proskomidie eines getauften, aber nicht-orthodoxen Christen gedenken wollen, vermerken sie dies bitte auf dem Gedenkzettel hinter dem jeweiligen Namen. Der Priester wird dann in der Regel den Namen nicht laut sprechen, sondern kurz still für sich für diesen Menschen beten.

 

 

Ob eines nicht-orthodoxen Christen während der Proskomidie gedacht werden kann, liegt allein im seelsorgerlich Ermessen des Priesters (Öikomomia) und nicht in der Entscheidung der Kerzenverkäuferin oder des Altardieners. Wenn in einer bestimmten Kirche nur für orthodoxe Christen  bei der Proskomidie gebetet wird, so ist dies aber nicht Hartherzigkeit oder Fanatismus, sondern nur die genau Beachtung der kirchlichen Regeln (Akribia). Seien sie deshalb dann nicht verärgert oder traurig: Gott wir in diesem Fall Ihr persönliches Gebet für diesen Menschen hören!

 

Manchmal werden von Gläubigen, die oft in einer ganz bestimmten Kirche sind, keine Namenszettel, sondern sogenannte Gedenkbüchlein (Pomjaniki) abgegeben. Es sind dies kleine Heftchen, in denen Platz für das Eintragen der Namen ist, im ersten Teil für die Lebenden, im zweiten für die Verstorbenen. Solche Gedenkbüchlein werden in der Kirche aufbewahrt.

 

Priester Thomas Zmija